Ist die Unterbringung in Gastfamilien für schulisches Reisen zu empfehlen? Insbesondere bei Klassenfahrten nach England oder Schottland stellt sich die Frage immer wieder neu. In einem ersten Teil habe ich aus meinen Erfahrungen mit Gastfamilien als Organisator von Klassenfahrten und Sprachreisen nach England berichtet. Obwohl ich privat Hotels eher nutze, ist die Unterbringung in Gastfamilen für Schülerinnen und Schüler eine bedenkenswerte Alternative.
Im zweiten Teil meines Blogbeitrages habe ich Argumente zusammengetragen, die explizit für Gastfamilien sprechen. Da wäre zunächst die Aufsichtspflicht zu nennen. Diese obliegt, was die Unterbringung in Gastfamilien eine gute Wahl für gerade jüngere Schulgruppen macht, bei den Gastfamilien – so wie zu Hause bei den Eltern. Zweitens gibt es trotz der unvermeidlichen Einzelprobleme zwei wichtige Qualitätsgarantien, die dafür sorgen, dass die Probleme wirklich die Ausnahme bleiben.
Die erste ist die Qualitätssicherung durch den Reiseveranstalter Jugendtours in Zusammenarbeit mit professionell arbeitenden „local oganizern“ vor Ort, die, das sollte klar ausgesprochen werden, die Zügel straff halten. Für die local organizer ist die Gastfamiliengewinnung, Betreuung und Kontrolle keine karitative Tätigkeit, sondern Business. Die Organizer sind deshalb nicht nur vertraglich verpflichtet, sondern auch selbst motiviert, Beschwerden nachzugehen und Familien auszusortieren, die den Anforderungen nicht genügen – und zwar unverzüglich.
Das zweite wichtige Korrektiv für Gruppen, die bei Gastfamilien wohnen, sind die Lehrerinnen und Lehrer. Sie tragen die Verantwortung für die Kinder und Jugendlichen und müssen sich gegenüber den Eltern verantworten. Sie sorgen gemeinsam mit den Verantwortlichen vor Ort dafür, Probleme rasch auszuräumen und rasch zu klären.
Der dritte Punkt, der für die Qualitätssicherung steht, sind die Gastfamilien selbst.
Wie stehen die Gastfamilien zu auftretenden Problemen?
Ehrlich gesagt- ich habe unterschiedliche Reaktionen erlebt: vom genereller Abwehr bis einvernehmlicher Klärung. Die Reaktionen sind manchmal heftig und emotional, und manches Missverständnis schlägt hohe Wellen, die Wogen können dann oft nur durch einen Wechsel zu einer neuen Familie geglättet werden. Den Gastfamilien ist das nicht gleichgültig, denn es geht ja immer auch um die Ehre und Achtung im Kreise der Freunde und Bekannten! Deshalb bemühen sich die Familien selbst, Probleme und Missverständnisse zu klären und möchten, dass ihre Gäste zufrieden sind und die Familie in bester Erinnerung behalten.
Vereinzelt auftretenden Problemen und Missverständnissen bei der Unterbringung in Gastfamilien steht aber in so vielen Fällen die warmherzige Aufnahme, Hilfe und Unterstützung der Gäste aus aller Welt gegenüber.
Diese Hilfe geht auch oft weit über Unterbringung und Verpflegung hinaus - zum Beispiel, wenn Gäste beim Arztbesuch begleitet werden oder bei Heimweh (was durchaus vorkommen soll) Trost gespendet wird.
Wie steht es um die oft gepriesenen Vorzüge der Gastfamilien für das Erlernen der Sprache?
Bei kurzen Aufenthalten von nur ein zwei-drei Nächten ist darauf eher nicht zu bauen. Die Programme der Klassenfahrten und Studienreisen sind voll, die Zeit, die im Haus der Gastfamilien verbracht wird, ist meist knapp bemessen. Sind die Gasteltern dazu noch berufstätig, die Kinder sportlich unterwegs und müssen zum Training oder zur Musikschule, haben sie dieselben Probleme wie die Eltern zu Hause in Deutschland: Zeit ist knapp und kostbar und in der Woche gibt es kaum Freiräume.
Trotzdem darf man zwei wesentliche Vorteile der Unterbringung bei Gastfamilien nicht vernachlässigen: anders als im völlig unpersönlichen Hotel sind die Gasteltern verantwortlich für ihre Schützlinge (was wiederum den Lehrerinnen und Lehrern das Leben erleichtert, weil sie dann auch mal am Abend in den Pub gehen können). Und wenn man nicht von „enormem“ Gewinn an sprachlichen Fähigkeiten ausgeht, sondern von der Überwindung der Berührungsängste und dem Zwang, doch irgendwie zu kommunizieren, dann macht dies schon einen ganz wesentlichen Vorzug der Gastfamilienunterbringung aus. Und meist kommt die heimliche Freude und Überraschung, dass die Anderen einen verstehen und dass es doch nicht ganz umsonst ist, eine Sprache zu lernen, hinzu.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die Unterbringung in Gastfamilien eine gute Möglichkeit ist, Land und Leute wie auch eine fremde Sprache ein wenig kennenzulernen, vorausgesetzt, man ist offen für eine andere Lebensweise, für andere Anschauungen.
Und es muss zu den eigenen Vorstellungen und Gewohnheiten passen, man darf sich nicht durch den familiären Rahmen eingeschränkt fühlen und seine Freiheit vermissen.
Klassenfahrt in Gastfamilien
Autor: Bernd / Jugendtours | 23.10.2017