Jugendtours ist eine Kooperation mit dem Freizeitpark Belantis bei Leipzig eingegangen. Wir wollen dem größten ostdeutschen Freizeitpark mit unserem Know How bei der Vermarktung einer Tagesfahrt Belantis und einer Klassenfahrt Belantis zur Seite stehen. Auch werden wir Gruppenreisen für Erwachsene und exklusiv Paketreisen nach Belantis anbieten. Schaut man auf unsere Buchungszahlen der letzten Jahre, dann sprechen die eine klare Sprache: Die großen Freizeitparks werden für reisende Schulklassen immer interessanter.
Dabei stellt sich mir die Frage, ob Bildung und Freizeitpark eigentlich zusammen passen? Ist eine Klassenfahrt in einen Freizeitpark wirklich die Fahrt mit überwiegend touristischem Charakter, von der in Bildungsministerien so gern gesprochen wird? Als ich zur Schule ging, fuhren wir auf Tagesfahrt in einen außerschulischen Lernort oder besuchten eine Gedenkstätte. Im Mittelpunkt stand ein ganz konkretes Bildungsziel, das im Unterricht vor- und nachbereitet wurde. Was sollten wir auch Achterbahn fahren, wenn wir die Zeit doch nutzen konnten, uns vor Ort und jenseits der Schulbank über Graf von Stauffenberg, Lilo Hermann oder die Weiße Rose zu informieren? Doch das ist nur die halbe Wahrheit: Selbst die größten Skeptiker unter den Pädagoginnen und Pädagogen werden eingestehen, dass gemeinsame Erlebnisse, Neugier und Abenteuerlust im Freizeitpark sich positiv auf das Sozialverhalten der Schülerinnen und Schüler auswirken können, die Rückkopplung in den Schulalltag inbegriffen. Beim Achterbahnfahren oder im Gruselkabinett lernen sich alle Beteiligten eben doch noch mal von einer anderen Seite kennen, eine sinnliche Erfahrung, die Schule nicht bieten kann. Ob Freizeitparks darüber hinaus zum Lernerfolg Entscheidendes beitragen können, steht auf einem ganz anderen Blatt. Ist der Besuch eines Saurierparks wirklich eine Zeitreise zu den Anfängen des Universums oder regt die Achterbahnfahrt tatsächlich zur Auseinandersetzung mit der Gravitationsenergie an? Lernen ist immer Aktivieren von Etwas, Spielen, Entdecken, Erleben, Phantasieren, Staunen, Reisen. Es sind sich alle einig, für den Lernerfolg kommen engagiertes Lernen, Spaß und Freude an der Sache zusammen. Aber braucht es für die Ausbildung eines jungen Menschen den Freizeitpark? Jeder Freizeitpark stellt heute auch unterrichtsergänzende Materialien für verschiedene Altersstufen bereit, oftmals spannende Rallyes und Parkführungen zu naturwissenschaftlichen Fragestellungen. Der Heide Park Soltau beispielsweise bot Shows zu Physik und Chemie der Klassenstufen fünf bis neun an. Der Belantis-Geschäftsführer Erwin Linnenbach formuliert das auf der Presseseite von Belantis so: „Belantis bietet ideale Möglichkeiten, um Lernen und Spaß miteinander zu vereinen. Ob Technik, Physik oder Geschichte – im Abenteuerreich gibt es auch jede Menge zu lernen und zu entdecken.“ Das ist sicherlich alles richtig. Überzeugen tut mich das aber nicht. Das muss es auch nicht, denn Schulklassen fahren bekanntlich nicht zum Unterricht in den Freizeitpark, sondern um den Klassenverband nachhaltig zu stärken. Die Fahrt ist auch so alles andere als touristisch. Und das ist gut so.
Das Kerngeschäft der deutschen Freizeitparks hat sich in den letzten Jahren dennoch grundlegend geändert. Wie in allen Bereichen unserer Gesellschaft auch, suchen die Marketingabteilungen der Freizeitparks mehr oder weniger erfolgreich nach dem goldenen Weg, den eigenen Freizeitpark von dem der Konkurrenz abzuheben. Und seien wir ehrlich, trotz technischer Aufrüstung in den einzelnen Freizeitparks unterscheiden sich deren Shows und Attraktionen im Großen und Ganzen nur partiell: die Achterbahn „Hurracan“, der Wirbelsturm in Belantis; die Mega-Achterbahn „Der Schwur des Kärnan“ im Hansa-Park Sierksdorf; der „Silver Star“, die höchste Stahlachterbahn Europas, im Europa-Park; Deutschlands einziger Wing Coaster „Flug der Dämonen“ im Heide Park Soltau - Kehrseiten ein- und derselben Medaille? Ob der nächste Thrill, der sich unter dem schwindelerregenden Namen „Coastiality“ bereits ankündigt (die Antwort der Freizeitparks auf Virtual-Reality), daran etwas ändert, kann bezweifelt werden. Selbst spannende Themenbereiche oder -parks verlieren ihre Besonderheit, wenn sie in der einen oder anderen Form das Erscheinungsbild aller großen Erlebnisparks prägen.
Wirkliche Unterschiede zwischen den Freizeitparks finden sich ganz woanders: heute beispielsweise bieten einzelne der großen Parks Übernachtungsmöglichkeiten direkt oder am Park an, die auch bestimmte Themenbereiche des jeweiligen Parks aufgreifen. Die Idee dahinter ist, die Zahl von Mehrtagesbesuchern signifikant zu steigern. Zum Erlebnis Freizeitpark gesellt sich die Übernachtung als Erlebnis hinzu. Diese Entwicklung ist für Schulklassen als äußerst positiv zu bewerten. Da die Freizeitparks in Bezug auf die Ballungsräume strategisch gut liegen, profitieren die Klassenfahrten doppelt. Schulklassen, die auf Klassenfahrt im Heide Park Resort Soltau zu Besuch sind, besuchen eben nicht nur den Heide Park Soltau sondern auch Hamburg oder Lüneburg. Der Eintritt in den Freizeitparks indes ist meist inklusive und benötigt keinen zusätzlichen Transfer.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Freizeitparks neu in den Fokus für Klassenfahrten und Tagesfahrten für Schulklassen treten. Das hängt zum einen damit zusammen, dass das außerschulische Umfeld im Schulalltag generell an Bedeutung gewinnt, zum anderen an den in Wandlungen begriffenen Freizeitparks an sich. Dabei hat das Thema Bildung und Freizeitpark durchaus Potential, wenn auch in meinen Augen weniger für den Lernerfolg als vielmehr für die Persönlichkeitsentwicklung und das Sozialverhalten der Schülerinnen und Schüler. Klassenfahrten in Freizeitparks unter die Fahrten mit vorrangig touristischem Charakter zu subsumieren, greift zu kurz. Zudem sind vor allem die Übernachtungsmöglichkeiten eine tolle Sache. Lehrerinnen und Lehrer sollten genau hinschauen.
Freizeitpark Belantis
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Autor: Lukas / Jugendtours | 15.02.2017